Boris` Miez

Wenn er in Pula war ging Boris taeglich schwimmen. Schnorcheln, meist ohne Flossen. Waehrend normale Menschen es nur ein oder zweimal pro Tag machten kam er oft auf drei mal. Nach dem Fruehstueck, dem Mittagessen und in der Abenddaemmerung. Eines Tages im September 98 kam er nach dem Mittagessen frueher zurueck als erwartet. In der einen Hand Schnorchel und Brille, in der anderen ein kleines Kaetzchen. Aus welcher Tiefe er die getaucht hat? "Von nem Baum!"

Der Weg zum Meer war etwa 50 Meter lang und fuehrte durch ein Waeldchen. Es gibt dort ungewoehnlich grosse Pinien. Er war da entlang gegangen und hoerte ploetzlich ein helles Geraeusch, aehnlich wie von einer Moewe. Er dachte schon was das fuer ein ulkiger Vogel sein muss bis er nach einigem Suchen sah, dass es eine sehr kleine Katze in der Spitze einer Pinie war. Das man sie ueberhaupt hoerte war schon ein Glueck, aber dass gerade Boris sie hoerte war ein noch groesseres Glueck. Boris und Katzen, eine Geschichte fuer sich. Mag der Mensch von Affen abstammen, Boris eher von Wildkatzen.

Es war ihm sofort klar das diese Katze fuer ihn bestimmt war. Spaeter wurde gelaestert, der Klapperstorch konnte im Wald nicht landen, also hat er sie ihm abgeworfen. Boris kletterte nun die Pinie hoch, sie war hoeher als ein dreistoeckiges Haus. Beim hochklettern entfernte er alle morschen Aeste um beim Rueckzug sicher zu sein. Das Problem war, dass er nur Schnorchel, Brille und Badehose dabei hatte und er sie gleich retten wollte ehe sie vieleicht sprang. In die Badehose haette er sie nicht mehr stecken koennen, da war es zu eng fuer das zierliche Geschoepf.

Wie er es schilderte glang ihm der Abstieg mit nur einer freien Hand, die andere hielt das Kaetzchen. Er konnte schon als Kind sehr gut klettern, aber das war doch eine Spitzenleistung, oder Leichtsinn. Allerdings, waere es zu riskant geworden oder waeren zu viele Aeste morsch gewesen, er haette es sicher gelassen. Da es da keine Strasse fuer die Feuerwehr gab und auch sonst keine grosse Leiter verfuegbar war, er haette ohne Zweifel dann den Baum gefaellt. Das haette wohl ne Menge Aerger gegeben.

Wie auch immer, seine Miez war es wert. Zunaechst noch zitternd vor Angst, Hunger und Floehen, waren sie sehr bald ein Herz und eine Seele. Er begann gleich sie zu reinigen, mit der Pinzette entfernte er in stundenlanger Arbeit Parasiten und Schmutz aus ihrem Fell. Und sie kam seltsamerweise auf die Idee ihm sogar die Fusssohlen zu lecken. Boris strahlte vor Glueck. Obwohl die Miez noch sehr jung war, war sie schon sehr auf Sauberkeit bedacht. Genau wie Boris. Ihr Katzenklo richtete sie sich in der aeussersten Ecke des Gartens ein. Als es mal in stroemen regnete (in Istrien regnet es garnicht oder sehr stark) lief sie immer nervoeser werdend an der Terrassentuer entlang bis sie sich doch entschied in den Regen hinaus zur Ecke zu gehen.

Am naechsten Vormittag. Am Ende der Saeuberung packte er sie in ein Tuch da ihr offenbar kalt war. Er war sehr einfuehlsam mit ihr.

Auch der Rest ihres Verhaltens entzueckte (fast) alle und besonders Boris. Sie war extrem agil und aufgeweckt. Sie erfasste alle Bewegungen in ihrer Umgebung und versuchte zu interagieren. Kam Boris Mutter mit dem Besen sprang sie gleich drauf und wollte mitspielen. Sie war immer auf dem Sprung was zu tun. Boris war davon aufs aeusserste Entzueckt. Nicht nur er. Als man sie aus der Naehe fotografieren wollte wurde sie aber aggressiv. Kaum sah sie die Kamera sprang sie schon den Fotografen an. Die Reaktion war etwas ueberraschend, war sie doch vorher recht umgaenglich.

Direkt vor dem Sprung. Diese Bilder sind alles was es von Miez gibt. Die Gesichtsform und die riesigen Fledermausohren waren etwas ungewohnt. Wir wollten versuchen herauszufinden zu welcher Rasse sie gehoert. Leider ergebnislos. Hat wer einen Tip?

Boris und Miez Sekunden spaeter. Es ist dies das letzte Bild von Miez und wohl auch das letzte Bild das Boris lebend zeigt.

Boris holte sie gleich zurueck und beruhigte sie. Sie aktzeptierte das auch und blieb an seiner Seite wie ein Wachhund. Dazu hatte sie auch Talent. Sie hatte ein Ego wie ein Tiger. Nach ein paar Tagen kam ein Hund aus der Nachbarschaft zu Besuch. Elvis war ein riesiger gemuetlicher Hirtenhund, bald so gross wie ein Kalb. Miez machte ihm deutlich, dass dies hier ihr Revier war. Mit steil erhobenem Schwanz, angelegten Ohren, schmalen Augen und bedrohlichen Geraeuschen brachte sie ihn zum Rueckwaertsgang.

Als der Urlaub zu Ende ging spielte Boris mit dem Gedanken Miez mit nach Berlin zu nehmen. Diese Umstellung und die Gefahren der Grossstadt waren aber ein Argument dagegen. Auch war ein Verwandter bereit sie auf einen Bauernhof zu nehmen. Sie haette dort dem Wachhund Nachhilfestunden geben koennen. So blieb Miez unten als er nach Berlin zurueckkehrte. Aber seine Miez ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Anfang Oktober rief er seinen Vater an der noch in Istrien war und bat ihn Miez mit zu bringen. Boris hatte sie nun mal adoptiert und empfand es als seine Pflicht sich auch weiter um sie zu kuemmern. Seine Mutter erinnerte sich, dass noch am 17.10.98 beim Mittagessen um 13:30 Uhr das letzte Gespraech mit Boris sich um Miez drehte. "Meinst du Papa bringt sie auch mit?"

Natuerlich haette er sie mitgebracht. Am naechsten Tag rief sie ihn an, dass Boris seit gestern Mittag verschwunden sei. Allen war sofort klar was das bedeuten konnte. Sofort flog er nach Berlin ohne Miez zu holen. Erst spaeter wurde klar, dass in diesen Tagen als Boris verschwunden war auch Miez verschwand. Sie war auf einem kleinen Hof mit ein paar Pferden in einem sehr abgelegenen Teil von Istrien untergebracht. Ein Ort wohin sich Touristen eigentlich nie verirren. Wie der Besitzer beschrieb kam eines Tages doch ein Auto vorbei. Es hielt, die Tuer oeffnete sich, Miez kam angerannt, sprang hinein, die Tuer schloss sich, der Wagen fuhr los und Wagen und Miez wurden nie mehr gesehen.

Impressum